Der Weg zum eigenen Schießstand

 

Die Gewehre der Ehrengardisten dienten anfänglich nur zur Präsentation.  Doch schon in den 20er Jahren nutzen sie ihre eigenen Karabiner für die Preisschießen, und spätestens durch die Übungsschießen für die KreisehrengardenTreffen Mitte der 50er Jahre wurde immer deutlicher, daß ein eigener und ständig nutzbarer Schießstand fehlte.  Zunächst dienten dazu zahlreiche Wiesen, Höfe und die Sektbar in Bördings Gasthof, wo immer wieder ein provisorischer Stand aufgebaut werden mußte - bis zu einem vereinseigenen Stand war es eine wahre Odyssee.

 

Zunächst gab es einen herben Rückschlag: Hatten sich die Schützen schon an das Provisorium bei Börding gewöhnt, so zeichnete sich ab, daß diese Lösung mit dem Abbruch des Gasthofes im Zuge der Hessel-Umlegung komplett ins Wasser fallen würde.  Und das im wahrsten Sinne des Wortes - da wo einst die Gaststätte stand, fließt heute Hesselwasser.  Einige Gardisten schlossen sich daher zunächst der Riege des Schützenvereins an, die ihren Stand bei "Mutti Sondermann" hatte.  Bald aber kamen findige Gardisten und einige Schützenbrüder auf eine raffinierte Idee: der ehemalige Kriegerverein hatte einst neben dem Vogelstand im Brook einen gut ausgestatteten Schießstand. Der war zwar als Zeichen der Friedensliebe in den ersten Nachkriegsjahren abgerissen worden, wobei sich freiwilliges Entgegenkommen und nachhaltiger Druck der englischen Besatzer mischten.  Doch in entsprechenden Verträgen war eine Abmachung enthalten, wonach die Stadt in "besseren Zeiten" beim Aufbau eines neuen Standes mithelfen sollte.  Die Idee war nun folgende: der Kriegerverein sollte als Abteilung des Bürgerschützen-Vereins wieder auferstehen, und mit städtischer Unterstützung sollte er eben einen Schießstand bauen.

 

Den Vätern dieses Gedankens waren eine "braune Gesinnung" oder militärische Absichten fremd.  Ihnen ging es einzig um den Schießstand.  Sie planten, den Kriegerverein wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen, sobald er seinen Zweck erfüllt hätte.  Aber die Zeit war dafür nicht reif, und der Plan traf auf große Kritik.  Nicht nur das - es gab einen regelrechten Skandal bei den Bürgerschützen.

 

Der ehemalige Gasthof Börding an seinem alten Platz in den fünfziger Jahren, als hier ein provisorischer Schießstand der Ehrengarde untergebracht war.  Heute fließt hier die Hessel.

Es war das Jahr 1965; da waren vor allem die älteren Mitglieder, die von allem Kriegerischen partout nichts mehr wissen wollten.  Hinzu kamen einige junge, intellektuelle Mitglieder, denen Militärdienst-Verweigerung näher war als ein Kriegerverein.  Es hagelte Kritik - sogar Austrittsdrohungen.  Nach einer stark polarisierenden Debatte verschwand dieser tückische Plan für den eigenen Schießstand rasch wieder in den Schubladen der Geschichte.

Es blieb Mitte der 70er Jahre bei eher provisorischen Lösungen; wie zum Beispiel in der alten Scheune des Ehrengardisten Willi Hunkenschröder auf der Langefort.  Obwohl der Stand zu jedem Übungsschießen immer wieder auf- und abgebaut werden mußte, gaben sich die Aktiven damit zufrieden, und jeden Sonntag fand ein Übungsschießen mit Luftgewehren statt.

 

1982 dann endlich nahm das feste Zuhause für die Schießübungen Gestalt an.  Der Schützenverein übernahm die alte und baufällige Turnhalle vom VfL Sassenberg neben dem Pavillon, und die Ehrengarde ging mit viel Energie und Fleiß daran, die ehemalige Turnhalle zur Schützenhalle umzubauen.  Neue Fenster und Türen mußten eingesetzt werden, die hohen Fenster wurden teilweise zugemauert.  Außerdem wurde die Decke abgehängt. 

  

 

Mitglieder von Schützenverein und Ehrengarde bei der Renovierung der Schützenhalle.  Die Erbsensuppe von Theo Börding kam in der Arbeitspause sehr gelegen.

  Die äußere Erscheinung bekam mit einem neuen Anstrich ebenfalls gehörige Aufwertung. Innen legten die freiwilligen Helfer einen Fliesenboden und schrittweise installierten sie eine Küche.  Aus den Umkleideräumen entstanden Clubräume, die gemeinsam mit dem Fanfarenzug genutzt werden.  Und der Balkon schließlich, der brachte endlich Platz für eine eigene Schießanlage.  Vier Bahnen entstanden im ersten Anlauf und passend dazu gab es einen neuen Satz Luftgewehre.  Diese vereinseigenen Waffen lagerten schon damals im dort angebrachten Waffenschrank.  Zum Schützenfest 1982 wurde dieser neue Stand feierlich eingeweiht.  Der feste Platz fürs Ubungsschießen war endlich da und das Vereinsleben bekam fortan weiteren Auftrieb: beispielsweise durch das Vergleichsschießen mit den Pluggendorfern.

Der renovierte Schießstand mit seinen sechs Schießbahnen- absolut wettkampftauglich.

1992, als das Kreisehrengarden-Treffen in Sassenberg stattfand, zeigte sich der Mangel dieser liebgewordenen Anlage.  Für den Wettbewerb hätten es fünf Bahnen sein müssen, da im Brook aber nur vier zur Verfügung standen, mußten die Organisatoren diesen Teil auf den Schießstand der Warendorfer Dreibrücken-Schützen verlegen.  So gingen die Ehrengardisten im Februar 1994 wieder an die Arbeit und sorgten mit einem Umbau für zwei zusätzliche Bahnen.  Dazu rissen sie den alten Balkon komplett ab und ersetzten ihn durch eine breitere Stahlkonstruktion.  Jetzt sorgen sechs moderne Bahnen dafür, daß alle Wettkampf-Bedingungen erfüllt sind.  Im gleichen Zug wurden die beiden kleinen Club-Räume zu einem großen zusammengelegt und neu eingerichtet. 

Zuzusätzlich installierten die Helfer eine Heizung. All dies geschah wiederum mit Unterstützung des Bürgerschützen-Vereins und weitestgehend in Eigenleistung der Ehrengarde.

Mittlerweile nimmt der im Sommer 1994 eingeweihte Schießstand eine zentrale Rolle im Vereinsleben. ein.  Klugelbienen oder Flintenweiber, die Ehefrauen und Partnerinnen von Gardisten und Schützen, sind regelmäßig zu Gast und werden von der Ehrengarde bewirtet.  Und jeden Sonntagmorgen findet dort das Übungsschießen der Ehrengarde mit anschließendem Frühschoppen statt.

Der Schießstand steht allen Schützenbrüdern offen und in der Schützenhalle finden auch Veranstaltungen des Schützenvereins statt.

 

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Letztes Update: Montag, April 21, 2008