lles hatte am ersten Sonntag im Juli des Jahres 1886 begonnen, als der
Festwirt Niemann/Heyne den Schützen erlaubte, den Vogel in Heynen Kohbrock zu schießen.
In den Jahren zuvor hatten sie entweder in die Wöste, nach Janleiers oder zum Forsthaus
marschieren müssen. Heynens Kohbrock war eine feuchte, saure Wiese am Rande der
königlichen Forsten, deren Zugang dort durch einen Schlagbaum versperrt war. Gegenüber
lagen Schückings Wiesen, jenseits der Gräfte der Schneckenberg und der ehemalige
Fürstengarten, in dem der neue Besitzer, Fabrikant Christian Rath, sich später seine
Villa baute. Von 1886 bis heute blieb der Schützenverein auf diesem Schießplatz, und es
war ein Ereignis von epochaler Bedeutung, daß er im Jahre 1910 den Kohbrock käuflich
erwerben konnte.
either hat der Schützenverein nicht aufgehört, die Schützenwiese
für seine Zwecke auszugestalten und zu verschönern. Zunächst wurden die Wege befestigt
und der Platz zur Begrenzung und zur optischen Aufteilung mit Baumreihen bepflanzt,
hauptsächlich mit amerikanischen Eichen und Birken. Sehr viel Mühe verwandte man auch
darauf, die feuchte Wiese durch Erdauffüllung und Gräben trocken zu legen, was
allerdings nur ungenügend gelang. Bei stärkeren Regenschauern war sie nicht mehr zu
betreten, wie im Sommer 1914, als der neu aufgefahrene Jugendspielplatz durch die in den
letzten Tagen niedergegangenen Wassermengen in einem derart trostlosen Zustande war,
dass
Spiele dort unmöglich waren. Christian Rath stellte seine angrenzenden Parkanlagen den
Kindern zur Verfügung. Auf demselben Schützenfest schlug Fabrikant Rath in seiner Rede
vor, zur Finanzierung einer bereits projektierten großen Schützenhalle die
Jahresbeiträge etwas zu erhöhen. Wegen des drei Wochen später ausgebrochenen
Weltkrieges kam dieser Plan zunächst nicht zur Ausführung.
rst im Jahre 1925 war der Verein wieder soweit gefestigt und
finanziell stabil, dass man die Schützenhalle bauen konnte. Es war eine sehr schöne,
offene, grün-weiß gestrichene Halle, deren Holz vom Fabrikanten Rath gestiftet worden
war. Im Jahre 1926 wurde dann noch ein kleiner überdachter Schießstand an der
Vogelstange errichtet. Als Ständer verwendete man die ausrangierten Eisenmasten der
ersten Straßenbeleuchtung Sassenbergs. Sie stehen noch heute und sind ein interessantes
schützenwertes kulturhistorisches Denkmal. Auch in den folgenden Jahren erfuhr die
Schützenwiese durch Planieren und Anpflanzen von Bäumen noch manche Verschönerung. In
den Jahren 1934 bis 36 war vor allen Dingen die neugegründete
Kinderbelustigungs-Kommission
in enger Zusammenarbeit mit dem Kindergarten und den Schulen auf der Schützenwiese
tätig, deren rechter Teil zu einem riesigen Kinderspielplatz ausgestattet wurde. Hierzu
wurden eine Wippe, eine Schaukel, ein großes Karussell, ein Rundlauf und ein Sandkasten
aufgestellt. Auch an ein von hohen Hecken umgebenes Toilettenhäuschen für Jungen und
Mädchen hatte man gedacht. So entwickelte sich die Schützenwiese von einem nur für das
Vogelschießen gebrauchten Schießplatz zu einem Festgelände, auf dem das Schützenfest
während des ganzen Tages stattfinden konnte, und zu einem Spaziergangsziel, das auch
außerhalb der Schützenfestzeit von den Schulen, dem Kindergarten und den Sassenberger
Familien mit ihren Kindern gern in Anspruch genommen wurde.
Gespannt verfolgt das Publikum das
Königsschießen beim Schützenfest des Jahres 1925.
er Schützenverein hatte dadurch den Anstoß gegeben, städtischerseits andere Sport- und Freizeitangebote in diesem Bereich anzulegen. So wurde
1937 direkt neben dem Schützenplatz an der Hessel die Flußbadeanstalt errichtet und zwei
Jahre später, pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum, ein für damalige Begriffe
hochmoderner Schießstand des Kriegervereins, wozu der Schützenverein einen längs des
Hauptweges gelegenen Streifen abtrat. Wenngleich diese Entwicklung durch den zweiten
Weltkrieg unterbrochen und die beiden zuletzt genannten Einrichtungen aus verschiedenen
Gründen beseitigt wurden, setzte sich nach dem Krieg die Ausgestaltung und Komplettierung
der Schützenwiese und ihrer näheren Umgebung fort, so daß heute den Bürgern der Stadt
Sassenberg ein riesiges, vielfältiges Freizeitareal zur Verfügung steht.
m Jahre 1951 wurde mit den Planungen für den Bau einer Turnhalle, die
auf dem Gelände des Schützenvereins errichtet werden sollte, begonnen. Für diese erste neuerrichtete Turnhalle nach dem Kriege im Altkreis Warendorf wurden vom Schützenverein
400 Quadratmeter Fläche zur Verfügung gestellt. Als Ersatz erhielt der Schützenverein
den seinerzeit an den Kriegerverein verkauften Streifen zurück.
m Jahre 1954 wurden dem Verein durch das Ehrenmitglied Paula Rath ein
Musikpavillon geschenkt, der die stimmungsvolle Kulisse im Brook noch mehr verschönte.
Vor allem die Königskrönung, der Höhepunkt eines jeden Schützenfestes, konnte nun in
besonders wirkungsvoller Weise vorgenommen werden. Bis dahin hatte als Königsthron ein
mit Birken ausgeschlagenes hölzernes Podest gedient, das am Ende eines jeden Festes
wieder abgebrochen wurde. Die Spende erfolgte mit dem Hinweis, dass ein derartiges Bauwerk
im Sinne ihres Vaters sei, der sich bereits beim Bau der Schützenhalle im Jahre 1925 als
großzügiger Spender hervorgetan habe. Noch heute genügt der Musikpavillon vollauf allen
Ansprüchen, ist aber in der Formgebung seines Daches und des Treppengeländers ein
unverwechselbares Zeugnis des Geschmacks der fünfziger Jahre.
Die Ehrengarde vor dem 1954 erbauten
Musikpavillon
ine enorme Aufwertung erhielt das Gebiet um die Schützenwiese im
Jahre 1956, in dem der VFL Sassenberg anstelle des Sandackers in der Wöste ein schmuckes
Stadion bekam, und im Jahre 1958, im dem auf der gegenüberliegenden Seite des Weges das
Sassenberger Freibad eröffnet wurde. Es war das erste und sicherlich auch das schönste
Freibad im Kreis Warendorf, das Besucher aus einem Umkreis bis nach Münster und
Osnabrück anzog. In dieser Zeit wurden auch die Anfahrtswege zur Schützenwiese
verbessert, eine steinerne Brücke über den Tiergartenbach gebaut und vor allem durch die
Brücke über die Hessel der Sassenberger Norden näher an den Festplatz angebunden. 1976
wurde gegenüber der Schützenwiese das neue mit einer Tribüne versehene Waldstadion
angelegt und zwei Jahre später das Sportlerheim gebaut. Beide Einrichtungen werden bei
den Schützenfesten, der Pfingstmusikschau des Fanfarenzuges und anderen Gelegenheiten in
die Organisation und Gestaltung des Festes einbezogen.
achdem die Turnhalle während der Schützenfesttage schon immer in
eine Küche umfunktioniert worden war und sich die Tradition herausgebildet hatte,
dass
sich die Sassenberger Familien am Schützenfest im Brook mit Essen bewirten ließen (am
beliebtesten war Zunge in Madeira), wurde am 1.7.1981 zwischen dem VFL Sassenberg und dem
Bürgerschützenverein eine Vereinbarung unterzeichnet, nach der der VFL die inzwischen
nicht mehr benutzte, stark verfallene und unansehnlich gewordene Halle dem Schützenverein
übereignete. Bereits am 20. Mai 1982, d.h. nicht einmal ein Jahr nach der Übernahme,
wurde die renovierte Halle, nunmehr "Schützenhalle", mit einem Frühschoppen
den Mitgliedern und der Bevölkerung vorgestellt. Alle Schützenbrüder hatten sich per
Versammlungsbeschluss mit einer einmaligen Baukostenumlage in Höhe von zehn DM an der
Instandsetzung beteiligt. Die Kosten für die Renovierung betrugen fast 32.000,00 Mark,
trotz der hohen Eigenleistung, was ein Beweis für die Funktionsfähigkeit des Vereins und
den Idealismus seiner Mitglieder ist.
er gesamte Fußboden wurde ausgeräumt, ein neuer Untergrund
eingebracht und neue Platten verlegt. Fenster wurden zugemauert oder die verbleibenden
renoviert und mit Blendläden versehen, neue Wasser- und Elektroleitungen verlegt und eine
Deckenverkleidung angebracht. Die früheren Umkleideräume wurden zu Gruppenzimmern für
die Ehrengarde und den Fanfarenzug umgestaltet und von der Ehrengarde ein
Luftgewehrschießstand unter der Decke der Halle installiert. Ferner erhielt die
Schützenhalle einen kompletten Innnen-
und Außenanstrich. Im Rahmen eines zweiten
Bauabschnittes wurden im Jahre 1986 die ehemaligen Geräteräume zu funktionstüchtigen
Küchen umgebaut. Das sportliche Angebot wurde abgerundet durch den Bau von Tennisplätzen
(1985) und eines dazugehörigen gemütlichen Klubhauses (1989).
o hat sich im Laufe eines Jahrhunderts aus dem bescheidenen Kohbrock
ein Schützenplatz entwickelt, der weit und breit seinesgleichen nicht findet, und hat
sich durch die vom Schützenverein gegebenen Impulse in seiner Nachbarschaft ein
umfangreiches Freizeitareal gebildet, auf das die gesamte Stadt Sassenberg stolz sein
darf. Wie vor dreihundert Jahren der Tiergarten Christoph Bernhard von Galens den Ruhm
Sassenbergs verbreitete, tragen heute die Schützenwiese und der vordere Brook dazu bei,
die Stadt Sassenberg bekannt zu machen und sich in ihr Wohlzufühlen.